Pilotprojekt – Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts

Seit Jahrhunderten werden landwirtschaftliche Flächen entwässert. Durch das Ableiten von überschüssigem Wasser, wurde die Ertragsfähigkeit der Felder verbessert sowie eine frühzeitige Befahrbarkeit erreicht.
Die Folgen des Klimawandels (steigende Temperaturen, mit heißeren Sommern und damit verbundenen längeren Trockenperioden) führten und führen jedoch zu immer weiter sinkenden Grundwasserspiegeln.
Die Verschiebung von Niederschlägen aus den Sommermonaten in den Herbst oder Winter und zudem gehäuft auftretende Starkregenereignisse verschärfen die Trockenheit und Grundwasserknappheit weiter. Anfallendes Niederschlagswasser wird rasch aus der Fläche geleitet und somit dem Grundwasser sowie der Flur vorenthalten, wodurch die Ertragsfähigkeit der Böden nun durch Wasserknappheit gefährdet ist.

Angeregt durch die Regierungserklärung des Bayerischen Umweltministers Thorsten Glauber vom 28.10.2020, in welcher explizit gefordert wird „unseren Landschaftswasserhaushalt wiederherstellen“, „Wasser versickern so viel und so flächig wie möglich“, wurde in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Bauernverband und dem Wasserwirtschaftsamt Ansbach ein Projektkonzept zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts im Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim entwickelt.
Gewählt wurde der Projektlandkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim, da er bayernweit zu einem von drei Pilotlandkreisen zählt, in denen die Kulisse der Gewässerrandstreifen überarbeitet und veröffentlicht wurde. Auffällig häufig wurden im Zuge der Überarbeitung sogenannte „Grüne Gräben“ identifiziert. Als „Grüne Gräben“ werden hierbei Entwässerungsgräben bezeichnet, die zwischen landwirtschaftlich genutzten Flächen liegen. In dem stark landwirtschaftlich geprägten Landkreis mit ca. 70.000 ha Nutzfläche befinden sich um die 560 km Entwässerungsgräben.
Der aktuell stattfindende Klimawandel, die historisch bedingte Entwässerungsstruktur in der Fläche sowie die Tatsache, dass der Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim in einer der niederschlagsärmsten Regionen Bayerns liegt, fordert nun Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts.

Typische Gegebenheiten für den Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim - Entwässerungsgraben zwischen landwirtschaftlichen Flächen Bild vergrössern Typische Gegebenheiten für den Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim - Entwässerungsgraben zwischen landwirtschaftlichen Flächen

Geplante Maßnahmen

Die aufgrund des Bayerischen Naturschutzgesetzes (Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 Bay-NatSchG) im Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim kartierten sog. „Grünen Gräben“ sollen versuchsweise zum Wasserrückhalt in der Fläche genutzt werden. Durch den Einbau von verschließbaren Staubauwerken durch das Wasserwirtschaftsamt Ansbach soll Niederschlagswasser zeitweise zurückgehalten, der Sedimenteintrag in die Fließgewässer reduziert sowie eine Abschätzung zum räumlichen und zeitlichen Umfang des Sickerwassereintrags entlang der Gräben getroffen werden.

Neben den Querbauwerken in den Gräben wird jeder Standort mit verschiedenster Messtechnik ausgestattet. Diese umfasst Wasserstands- und Bodenfeuchte-Messsonden, um auf das aktuelle Wasserrückhaltevolumen in den Gräben sowie den Sickerwassereintrag schließen zu können. Außerdem werden Wetterstationen zur Generierung standortbezogener Informationen zu Niederschlag und Temperatur installiert. Ergänzend dazu sind ereignisbezogene Boden-Beprobungen in den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen vorgesehen, um Auswirkungen auf den Bodenwasserhaushalt zu ermitteln.

Schematische Darstellung eines Staubauwerks mit Messtechnik im Grünen Graben Bild vergrössern Schematische Darstellung eines Staubauwerks mit Messtechnik in "Grünen Graben"

Messtechnik

Wasserstandssonde:
Wasserstandsmessung mittels Ultraschallsensor. Der ausgesendete Ultraschallimpuls wird von der Oberfläche reflektiert und vom Sensor erfasst. Über die Länge der Laufzeit lässt sich auf die Höhe des Wasserstands schließen.

Regenschreiber:
Messung nach dem „Kippeimer-Prinzip“. Die Sonde beinhaltet einen kalibrierten Sammelbehälter. Ist dieser vollständig gefüllt, wird ein elektrisches Signal an den Datenlogger gesendet.

Bodenfeuchtesonde:
Bestimmung des volumetrischen Wassergehalts. Gemessen wird die Laufzeit eines elektrischen Signals im Boden. Die dabei verwendete Frequenz (>100 MHz) ist hoch genug, um auch in tonigen Böden eine gute Funktion zu gewährleisten.

Temperaturmessung:
Die Bodentemperatur wird über einen Sensor in der Bodenfeuchtesonde gemessen. Die Messung der Umgebungstemperatur erfolgt durch einen Sensor in der Wasserstandssonde.

Datenfernübertragung:
Alle Sensoren senden die Messwerte an einen Datenlogger. Die Übermittlung der Daten auf den Server erfolgt über SIM-Karte und Modem.

Projektziele

  • Ermittlung von Potentialen des Wasserrückhalts in „Grünen Gräben“ zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts
  • Sammlung erster praktischer Erfahrungen und deren Erfolgskontrollen in Bezug auf Bau, Betrieb und Positionierung der Querbauwerke sowie zur Abschätzung möglicher Pufferwirkungen
  • Abschätzung des räumlichen und zeitlichen Umfangs des Sickerwassereintrags entlang der Gräben
  • Wissensgenerierung für weitere strategische Überlegungen und Maßnahmen zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts in trockenen Regionen
  • Abschätzung von Potentialen des Sedimentrückhalts in „Grünen Gräben“
  • Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft

Projektorganisation

Die Projektorganisation und -durchführung erfolgt federführend durch das Wasserwirtschaftsamt Ansbach in Vertretung für den Freistaat Bayern. Dieser übernimmt auch die Finanzierung des Projekts. Als Projektpartner unterstützen der Bayerische Bauernverband sowie der Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim.
Als erweiterte Projektpartner treten die örtlichen Kommunen sowie die jeweiligen Flächenbewirtschafter auf. Letztere sind als unmittelbar Betroffene, gemeinsam mit dem Wasserwirtschaftsamt Ansbach, für die Steuerung der Stauvorrichtungen verantwortlich.

Erste Messergebnisse am Beispiel des Bodenfeldgrabens

Mittlerweile liegen an allen drei Standorten Messwerte von mindestens einem Jahr vor. Besonders die anfallende Menge an abfließendem Wasser in den Gräben hat die ersten Erwartungen übertroffen. So konnte an allen drei Standorten eine jährliche Abflussmenge von 2.800m³ bis 3.900m³ gemessen werden. Die Grafik zeigt exemplarisch die Messung des Niederschlags und der Einstauhöhe am Standort Bodenfeldgraben seit Messbeginn. Der Niederschlag (mm/d) wird durch blaue Balken und der Wasserstand im Graben durch die orangene Linie dargestellt. Die Grabensohle liegt bei -505mm. Bei diesem Wert befindet sich im Graben kein Wasser. Sobald der Wert 0 erreicht wird, befindet sich das Wehr im Volleinstau. Bei Werten im positiven Bereich wird das Wehr überströmt. Insgesamt kam es im Messzeitraum sechs mal zu einer solchen Überströmung. Bei diesen Ereignissen konnte die größte Menge an abfließenden Wassern gemessen werden. An der Wetterstation des Bodenfeldgrabens konnte insgesamt ein Niederschlag von 615mm aufgezeichnet werden.

Messergebnisse am Bodenfeldgraben Bild vergrössern Messung des Niederschlags und der Einstauhöhe am Bodenfeldgraben seit Messbeginn

Einstau Buchholzgraben am 30.01.2024

Standorte

Bad Windsheim (Ickelheim) – Langenwasengraben

Markt Ipsheim (Oberndorf) – Bodenfeldgraben

Uffenheim (Vorderpfeinach) – Buchholzgraben