Ökologische Umgestaltung der Altmühl zwischen Windsfeld und Gundelsheim

1. Gewässerökologische Defizite

In den Jahren 1910 bis 1924 wurde die "Mittlere Altmühl" zwischen der Mühle in Wald (heute: Ortsteil Wald der Stadt Gunzenhausen) und der Stadtmühle in Pappenheim auf einer Länge von 42,6 km kanalartig ausgebaut. Der ursprünglich stark mäandrierende und verzweigte Flusslauf wurde begradigt und bis 3,00 m unter Flur eingetieft. Auf diese Weise ging die Vernetzung zwischen dem Gewässer und seiner Aue verloren. Die extrem steilen Böschungen wurden mit Betonplatten, Versteinungen oder Faschinen stabilisiert. Eine dynamische Gewässerentwicklung mit Ausbildung vielfältiger Lebensräume war fortan nicht mehr möglich.

Vor Beginn der Bauarbeiten Bild vergrössern Die Altmühl einige Tage vor Beginn der Bauarbeiten

Seit 1998 unternimmt das Wasserwirtschaftsamt Ansbach große Anstrengungen, um diese gewässerökologisch äußerst unbefriedigende Situation entsprechend den gesetzlichen Zielvorgaben und Verpflichtungen zum Wohl der Allgemeinheit entscheidend zu verbessern.

Lageplan der Baumassnahme Bild vergrössern Lageplan der Baumaßnahme

Der rund 3,8 km lange Gewässerabschnitt zwischen Gundelsheim und Windsfeld wurde ökologisch umgestaltet. An der Finanzierung hat sich die Europäische Union mit Mitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums beteiligt.

2. Ziele der Umgestaltung

Die Baumaßnahme verfolgt das Ziel, die Funktion der Altmühl als vielfältigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu fördern, eine begleitende, auetypische Vegetation zu entwickeln und die Gewässergüte zu verbessern.

Die große Insel bei Hochwasser Bild vergrössern Die große Insel bei Hochwasser

Die wasserwirtschaftliche und ökologische Aufwertung des Gewässerlaufs der Altmühl, wie auch der angrenzenden Talaue wurden im Einzelnen erreicht durch:

  • Schaffung bzw. Reaktivierung von Rückhalteräumen und Feuchtflächen (Mulden, Gräben etc.)
  • Änderungen in der Strukturvielfalt des Gewässerbettes und der Vorländer durch Aufweitungen, Einschnürungen und Gewässerverzweigungen
  • Bereichsweise Abflachung der Ufer und Vorländer
  • Verlängerung des Gewässerlaufes in Anlehnung an die einstigen Flussschlingen
  • Bewirtschaftung der staatseigenen Flächen am Gewässer durch Landwirte mit Pflegeverträgen
  • Schaffung von Inselflächen zur Entwicklung einer weitgehend ungestörten Sukzession
  • Neuanlage von Nebenarmen mit unterschiedlicher Sohlhöhe und Wasserführung
  • Anlage von selten durchflossenen Stillgewässern

Neuer Gewässerarm Bild vergrössern Ein neuer Gewässerarm wird geöffnet

Soweit in den Altwässern besonders schützenswerte Vegetationsbestände (Teichrosen) vorhanden waren wurden diese weitgehend erhalten und in die neu gestaltete Gewässer-landschaft integriert.

3. Gewässerelemente

Ein wichtiges Ziel des ökologischen Rückbaues ist es, aus dem bestehenden, monotonen Trapezregelprofil die Strukturvielfalt einer natürlichen Gewässermorphologie wieder zu entwickeln, was vor allem eine variable, vielfältige Querschnittsgestaltung verlangt. Zu nennen sind hier Einschnürungen im Bereich der Sohle im Wechsel mit Aufweitungen sowie die Schaffung von Niedrigwasserrinnen, Sohlanhebungen und wechselnde Böschungsneigungen.

Um das Abflussvermögen bei bordvollem Gewässer zu erhalten und vorzeitige und längere Ausuferungen in die benachbarten privaten Grundstücke zu vermeiden, werden die vorgesehenen Aufhöhungen und Querschnittseinschnürungen im Sohlbereich, durch Abflachungen und Querschnittsaufweitungen im oberen Uferbereich ausgeglichen.

Bei der ökologischen Umgestaltung wird auf starre Uferbefestigungen mit standortfremden Wasserbausteinen völlig verzichtet. Dem Gewässer soll, dort wo ausreichend breite Uferstreifen erworben werden konnten, eine eigendynamische Entwicklung der Gewässer-morphologie ermöglicht werden.

Hier fühlt sich das Wasser wohl Bild vergrössern Hier fühlt sich das Wasser wohl

4. Nutzung

Ein kleiner Teil der Ufer- und Inselflächen wird der natürlichen Sukzession überlassen. Zur Optimierung des Bereichs als artengerechter Lebensraum wurden einige kleinere Still-wasserflächen erstellt und Muldenstrukturen geschaffen.

Somit können sich geschlossene Röhrichte und Hochstaudenfluren entwickeln. Die zum Teil unzugänglichen Inselflächen bieten wichtige Biotopfunktionen, z.B. für Vogelarten, die im Röhrichte leben sowie für den Biber, der hier einen konfliktfreien Lebensraum vorfindet.

Diese Stillwasserflächen und Biotopstrukturen dienen der Verbesserung der Struktur- und Lebensräume. Durch die plangemäße Einbeziehung der Altarme in die vernetzten Gewässerläufe werden diese Bereiche wieder durchflossen.

Die größeren, meist im Eigentum des Freistaates Bayern befindlichen Flächen zwischen der alten Altmühl und den Altarmen werden aufgrund ihrer hohen naturschutzfachlichen Wertigkeit regelmäßig extensiv, ohne jegliche Düngung von Landwirten gepflegt. Damit sollen die artenreichen Mähwiesen in diesem Bereich erhalten, bzw. deren Entwicklung gefördert werden.

Die Erreichbarkeit für die Pflege ist durch Furten gewährleistet.

Die gesamte Strecke der Altmühl ist aber auch bei einem ausreichenden Wasserstand gut mit kleinen Booten befahrbar. An geeigneten Stellen wurden Möglichkeiten zum Ein- bzw. Ausstieg erstellt.

Die besonders schützenswerten Flächen mit hoher Wertigkeit (magere Flachland-Mähwiese, artenreiches Extensivland oder Nasswiese) wurden von der Umgestaltung ausgenommen und während der Baumaßnahme geschützt.

Die ökologische Umgestaltung der Altmühl zwischen Windsfeld und Gundelsheim wird durch landschaftspflegerische Maßnahmen ergänzt.

Extensive Landwirtschaft Bild vergrössern Extensive Landwirtschaft ist hier gut möglich

5. Fischerei und Tierwelt

Auf die fischereilichen Belange wirken sich die Maßnahmen günstig aus, da die Gewässer-biozönose insgesamt und damit auch der Lebensraum für die Fische verbessert werden. Durch die Schaffung von ausgedehnten Flachwasserzonen mit Makrophytenbewuchs werden neue Laichplätze sowie Rückzugsbereiche für Jungfische geschaffen und die Ansiedlung von solchen Pflanzen und Tieren gefördert, die die Nahrungsgrundlage für die Fische darstellen. Durch gezielten Einbau von Totholz wird eine strukturelle Aufwertung des Fischwassers erreicht.

Quappe Bild vergrössern Eine junge Quappe wird vorsichtig zurückgesetzt

Elektroabfischungen an den bereits um-gestalteten Gewässerabschnitten an der mittleren Altmühl bestätigen dies sowohl bzgl. des Fischreichtums als auch der Fischartenzusammensetzung in beeindruckender Weise.


Auch an Land fühlt sich eine Vielzahl von Tieren wohl. So haben bereits kurz nach der Umgestaltung zahlreiche bedrohte Vogelarten, wie zum Beispiel Flussregenpfeifer, Blaukehlchen oder Rotschenkel eine neue Heimat gefunden.

Blüten des kantigen Lauches Bild vergrössern Die Blüten des kantigen Lauches locken Schmetterlinge an